Peak Performance

Wenn ich einem ambitionierten, motivierten Sportler nur 1 Buch empfehlen dürfte, dann wäre es dieses. Rund 200 Seiten sind auch eine Kost, die Jugendliche noch vergleichsweise gut ertragen.

Das Ziel dieser Autoren ist (frei übersetzt aus dem Englischen):

„Menschen helfen, zu entdecken, wie sie das Beste aus sich herausholen können, auf eine gesunde, nachhaltige Weise –
und den nächsten Fall von Burnout, Unzufriedenheit und Unglücklichsein zu verhindern.“

Mit diesen Zielen kann ich mit 1:1 identifizieren. Eine solche Zielsetzung geht darüber hinaus, was wir unseren Athleten während 5-15 Jahre beizubringen versuchen, die bescheidene Tätigkeit schneller, höher weiter.

Mit dem Ansatz dieses Buches lernen unsere Athleten für das Leben. Dann braucht er im Sport «nur noch» einen (sehr) guten Coach (womit wir dann beim zweitwichtigsten Buch wären «Peak»).

Die Autoren sind ein ehemaliger guter Mittelstreckler und ein ehemaliger McKinsey-Berater, die beide ein Burn-Out erlebten während sie «erfolgreich» waren, der eine ein sportliches, der andere ein berufliches.

Das Buch folgt einem wunderbaren Aufbau vom Kleinen zum grossen Ganzen, vom Alltag zum «Sinn des Lebens» (etwas überzeichnet formuliert).

Zunächst wird auf das Verhältnis von Belastung und Erholung eingegangen (Kapitel 1). Das ist sehr nahe an der Sache dran, man bekommt direkt Anwendungstipps vermittelt, mit anschaulichen Berichten unterlegt. Es wird auf Trainingsumfang eingegangen, Erholungsvarianten, Schlaf, Mobiltelefone, Multitasking. Das alles wird auch biologisch begründet anhand wissenschaftlicher Arbeiten zur Leistungsfähigkeit, insbesondere des Gehirns in puncto Aufmerksamkeitsspanne, Ablenkungsanfälligkeit und schlicht der Tatsache, dass das Gehirn wie ein Muskel müde wird und Erholung braucht. Es wird leicht verständlich erklärt, wie der menschliche Körper mit Belastung umgeht und wie er im positiven durch Belastung «besser» wird und im negativen durch Belastung zu Grunde geht. Das Buch leitet an, wie Herausforderungen beschaffen sein müssen, damit der Athlet daran wachsen kann.

Danach folgt ein Kapitel über «Priming», was ich mit Prägung übersetze. Dabei geht es um die Einstellung zur Tätigkeit, sei diese sportlicher oder beruflicher Natur. Welche Routinen verfolge ich, damit ich leistungsbereit bin, wie konditioniere ich mich für meine Tätigkeit.

Abschliessend folgt im dritten Kapitel das grosse Ganze: Was treibt mich eigentlich an? Das dritte Kapitel heisst «Purpose» oder frei übersetzt «innerer Antrieb.» Warum mache ich eigentlich das, was ich mache? Dieses Kapitel trifft letztendlich den Kern der Problematik «Burn-Out» und erklärt so manchen, wenn nicht die meisten alle Fälle, bei welchen jemand vom einen Tag auf den anderen mit einer zuvor intensiv ausgebübten Tätigkeit stoppen kann (oder muss) und sprichwörtlich seine Schuhe an den Nagel hängt. In der Regel haben dann sein innerer Antrieb und das was einem die Tätigkeit gibt, nicht übereingestimmt. Z.B. wer nur für Medaillen läuft, der kann nach dem Gewinn dieser Medaille einen Schlussstrich ziehen und ist unter Umständen sehr froh, sich nicht mehr im Training quälen zu müssen. Es gibt andere Fälle, Roger Federer, Gianluigi Buffon, Martin Walser, die Rolling Stones, Beni Turnheer, sie lieben was sie tun und tun es deshalb auch dann noch, wenn sie (absolut gesehen) nicht mehr «besser» werden  – weil es schlicht keinen Grund gibt, mit etwas aufzuhören, was man gerne tut – und eben dem inneren Antrieb entspricht. Man fragt mich auch oft, wann ich aufhöre Stab zuspringen. Warum sollte ich? Roger Federer sollte wohl nach Meinung der Medien bereits vor einigen Jahren aufgehört haben, aber wohl nur aus dem Grund, dass «wir» uns nicht schämen müssen, wenn wir zusehen müssen, wie er in der Weltrangliste abfällt? Was ist denn das bitte für ein egoistischer Grund der Bevölkerung? Haben «wir» ein Recht darauf, verlangen zu können, dass jemand wegen «uns» aufhört seiner Passion nachzugehen. Wenn jemand gute Bücher schreibt, dann kann er danach doch auch noch ein paar schlechte Bücher schreiben. Wir müssen sie ja nicht lesen und die guten Bücher werden deshalb nicht zu schlechten. Solange er Spass daran hat. Und die Rolling Stones dürfen auch mit 90 noch spielen. Niemand wird gezwungen, ein Ticket zu kaufen und hinzugehen.

Zusammengefasst, das Buch ist zu gut, um in einem Zug umgesetzt zu werden. Es ist eines dieser Bücher, die man immer wieder hervornehmen sollte und – so scheint es mir – auch automatisch wieder hervornimmt nach einer gewissen Zeit, weil es so viele Inputs hat in diesem Buch, dass man schlicht nicht alle Optimierungen sofort umsetzen kann. Insbesondere die Sache mit dem inneren Antrieb, ist eine so tiefgreifende Angelegenheit, dass man sich über sehr lange Zeit damit beschäftigen kann.